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Sonntagskonzert der Extraklasse

In ihrer Begrüßungsrede muss die Vorsitzende der Jungen Sinfoniker OWL die Gesangssolistin Sarah Romberger krankheitsbedingt entschuldigen. Stattdessen singt Sophia Maeno die Liedkompositionen von Edward Elgars.

Sonntagskonzert der Extraklasse

Paderborn. Ein Sonntagskonzert der Extraklasse boten die Jungen Sinfoniker OWL in der gut besuchten Paderhalle. Schon seit fünfzehn Jahren nimmt das große Jugendorchester einen festen Platz ein im Veranstaltungsprogramm der Paderborner Philharmonischen Gesellschaft, die vor- nehme Aufgabe, den jungen Musikerinnen und Musikern ein renommiertes Konzertpodium zu bieten, wird vom Publikum mit freudigem An- fangsapplaus bedacht.

Regionale Musikschulen und Musizierwettbewerbe setzen die Ausbildungsakzente, individuelle und gemeinsame Proben führen zu einem abendfüllenden Konzerterlebnis unter der Leitung namhafter engagierter Kapellmeister. Im Jubiläumskonzert – die Jungen Sinfoniker feiern ihr 50jähriges Bestehen - wirkt die erfahrene Dirigentin Anne Hinrichsen, als Studienleiterin und Korrepetitorin für den Um-gang mit jungen Talenten und Bündelung der Musizierkräfte bestens gerüstet. Alle Instrumentengruppen sind passend besetzt, Streicher, Holzbläser, Flöten und Blech bilden einen respektablen Klangkörper, von kraftvollem Schlagwerk rhythmisch begleitet, auf dem Podium finden etwa 60 Or chestermitglieder ausreichend Platz. Das Programm ist zeitlich und geografisch breit gefächert, Italien mit Giuseppe Verdi und der Ouvertüre zu „La Forza del Destino" von 1868, England mit Edward EIgar und dem Liederzyklus „Sea Pictures" op.37 von 1899 so-wie Russland mit Sergej Prokofjew und den Ballettsuiten „Romeo und Julia" op.64 von 1938.

Drei schmerzhafte Blechfanfaren eröffnen das Klanggeschehen, ihre eindringliche Wiederholung verdeutlicht die Macht des Schicksals in Verdis tragisch romantischer Oper. Die Dirigentin entwickelt mit Sorgfalt die handlungsbezogenen Motive, dem anfänglichen Schicksalsmotiv setzen Flöte, Oboe und Klarinette nach einem Moment der Stille ein Versöhnungsmotiv entgegen, von den Violinen mit einem weiteren Motiv bewegend untermalt.

In den ruhigen Passagen zeigen sich bald die Qualitäten der Instrumentalisten im Solo und Zusammenspiel, aufbrausende Sinfonik und präzise Tuttischläge zeugen von der jugendlichen Kraft, die im ganzen Orchester steckt. Zum Ende der auch als „Sinfonia" bezeichneten Ouvertüre vermitteln die Blechbläser feierliche Gefühle, Verdis Melodienreichtum gewinnt lebhaften Ausdruck, Anne Hinrichsen leitet zum feurigen Schluss.

In Ihrer Begrüßungsrede musste die Vorsitzende der Jungen Sinfoniker die im Programm angekündigte Gesangssolistin Sarah Romberger wegen Erkrankung entschuldigen, ihren Bemühungen ist es zu verdanken, dass sich spontan Sophia Maeno bereit erklärte, Edward Elgars Liedkompositionen zu singen. Für die Besucher ein besonderer Musikgenuss, die selten gespielten Lieder von der länderweit auf Opernbühnen tätigen Mezzosopranistin zu hören. ,,Seabirds are asleep, the world forgets to weep", beginnt der Sea Slumber Song, liebliche Holzbläser und Harfe beschwören die nächtliche Meeresruhe, geniale Instrumentierung verbindet sich mit dunkel betörendem, dann wie der  leuchtendem   Mezzosopran, Bilder von William Turner erscheinen dem Zuhörer in empfindsame  Musik gesetzt.

Weitere großartige Interpretationen folgen, Sängerin und Dirigentin wachsen zusammen, das Orchester illustriert mit fein differenzierten Melodien und großer Trommel schicksalhafte Meereswelten. Das wogende Meer als Spiegel des von Liebesglück und Liebesleid Hin- und Her gerissenen, energetisch und nuancenreich interpretiert Sophia Meano Elgars erlesene Vertonung von „The Swimmer", auch in den steilen Höhen stets um prägnante Artikulation bemüht. Die Texte jedoch erschließen sich dem Unkundigen nur schwer, die mitreißende Performance bleibt in Erinnerung mit Blumen und begeistertem Applaus.

Nach der Pause rüstet das Orchester auf, fünf Hörner, verstärktes Schlagwerk, damenbesetzte Tuba und Flügel sind bereit für die standesgemäße Musikwiedergabe. Sergej Prokofiew komponierte im Auftrag des Bolschoi-Theaters drei Ballettsuiten „Romeo und Julia" in Anlehnung an das Drama von William Shakespeare, eine charakteristische Auswahl bringen die Jungen Sinfoniker zu Gehör. Ihre Reihenfolge ist den Herausforderungen an das Jugendorchester angepasst, einfühlsam gibt Anne Hinrichsen ein bedächtiges Tempo vor, die legendären Liebenden der verfeindeten Adelsfamilien Montague und Capulet gestehen sich ihre Gefühle, zarte Violinen, Flöten, Celli berühren und dringen ins Gemüt.

Leidenschaftliche Steigerungen im Unisono der Hörner, rauschhaft und schwelgerisch intoniert, effektvoll ergänzt durch Bassklarinette und tiefe Streicher lassen das tragische Ende schon erahnen. Zur Bereicherung der Ballettszenen nimmt sich Prokofiew kompositorisch dichterische Freiheiten, ein Maskentanz mit Triangel, Tamburin, Trom mel und Becken zeigt das Können der Schlagzeuger, ein Tanz der Antillenmädchen ist mu- sikalisch den Meistern der Perkussionsinstrumente gewidmet. Wild und dissonant agieren die Jungen Sinfoniker bei Mord und Totschlag, von der Dirigentin mit ausdrucksvoller Gestik angeleitet und freudvollem Spiel inspiriert, vom Publikum mit ergiebigem Beifall belohnt.

aus: Neue Westfälische, Paderborn, 31. Januar 2023, Text und Foto von Gunther Gensch


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