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Soli für Orchestermitglieder ein Volltreffer

Vorne der Erzbischof, hinten der Teufel - in der Mitte ein beglückendes Konzert der Philharmonischen Gesellschaft Paderborn in der Kaiserpfalz. Es ist ein gelungener Abschied auf Zeit für Musik in der Örtlichkeit.

Soli für Orchestermitglieder ein Volltreffer

Paderborn. Sonntagabend, kurz vor 18 Uhr. In der Paderborner Kaiserpfalz herrscht gedämpfte, freudige Erwartung, überlagert von einer leicht wehmütigen Abschieds-stimmung. Das gleich beginnende Konzert wird für mindestens zwei Jahre das vorerst letzte in diesem wunderschön klaren Raum sein. Erst kommt eine Renovierung, danach für circa ein Jahr eine Daueraus-stellung. Und was die Einhaltung von Zeitplänen angeht, darf man in Paderborn eher skeptisch sein.

Die unmittelbare Nachbarschaft zum Dom erwies sich gerade jetzt als ein Segen, hielt er doch seine dicken Mauern schützend dem Getöse des gleichzeitig auf dem Domplatz stattfindenden Zapfenstreichs der Paderborner Schützen für unseren neuen Erzbischof entgegen. 200 pfeifende und trommelnde Schützen störten überhaupt nicht.

Während von vorne der Erzbischof die Verheißung auf ein ewiges Leben vertrat, während von hinten im Garten der Stadtbibliothek der Teufel einen gewissen Jedermann verspätet in die Grube fahren ließ, kündete auf der Bühne der Kaiserpfalz das Orchester der Philharmonischen Gesellschaft Paderborn unter der Leitung von Thomas Berning (wem sonst?) von der Unsterblichkeit. Und wie geschah das? Natürlich durch Joseph Haydn (1732-1809) und Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791). Ein ganzes Konzert mit einmal Haydn und zweimal Mozart - das war schon eine großartige Idee, passend für diesen Zeitpunkt.

Es war auch eine wunderschöne Idee von Thomas Berning, zum Saisonabschluss einmal zwei Musiker aus dem Kireis der Orchesterkollegen - die allesamt hoch qualifizierte Könner und Könnerinnen (Grüß Gott, Herr Gender) sind - herauszuheben und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten solistisch unter Beweis zu stellen. Volltreffer!

Der junge Olof von Gagern schaffte es in Nullkommanix, alle gängigen Laien-Vorurteile bezüglich der Viola (Bratsche) ad absurdum zu führen. Er ist mit Sicherheit ein Aus-nahmetalent und verfügt insbesondere über eine beeindruckende Bogentechnik und eine blitzsaubere Intonation. Im Zusammenspiel mit seinem Geigenkollegen, Michael Wild, zeigten beide Musiker, wie kollegiales Duospiel bestenfalls klingen kann.

Michael Wild ist ein ausgewiesen kammermusikalisch versierter Geiger, er hatte sicht- und hörbar Spaß an der zu interpretierenden Sinfonia Concertante Es-Dur für Violine, Viola und Orchester, KV 364, entstanden vermutlich 1799. Im Programmzettel wird zu Recht auf das Frage-Antwort-Spiel der beiden Solisten hingewiesen. In der hochinteressanten Zugabe der Solisten wurde genau dieses noch einmal deutlich, Antonio Bartolomeo Bruni (1757-1821) zeichnete für dieses aufregende Duett verantwortlich.

Nach der Pause dann die Krönung aller Mozart'schen Sinfonien (höchstpersönliches Empfinden), die Mr. 40 in g-Moll, seine nach heutigem Wissensstand vorletzte Sinfonie. Vielleicht ist sie auch die bekannteste, denn man kann sie immer wieder radiophonisch hören, die Programmmacher scheinen eine gewisse Vorliebe für sie zu haben. Zu Recht! Diese Sinfonie ist ein Glücksfall und es war schön, sie live zu hören.

Thomas Berning dirigierte versiert wie immer, er führte und ließ auch Freiheiten, wo möglich. Seine Tempi waren engagiert, aber nur so, wie es die Sinfonie auch gut vertrug, da war kein heute so oft zu hörendes Gehetze und Getümmel. Viele Motive dieser Sinfonie sind ja sehr berühmt geworden, besonders die „Mannheimer Rakete" zu Beginn des Finalsatzes: da-ram-ta-dim-tim-tie-da. Kennt doch jeder, oder?

Joseph Haydn eröffnete mit seiner Ouvertüre „L' isola disabitata" (Die unbewohnte Insel) den Abend. Es ist die Einleitung zu seiner zehnten Oper, die er für den Eszterhazy'schen Hof schrieb. Kein großer Wurf, aber solide höfische Musik mit einer Ansammlung höfischer Tänze.

Ein großer Wurf könnte das Eröffnungskonzert der nächsten Saison werden. Die Zeitung Ihres Vertrauens wird Sie rechtzeitig unterrichten. Wer dirigiert? Na klar, T. B.

aus: Neue Westfälische, Paderborn, 18. Juni 2024, Text und Foto von Rainer Abraham


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