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Partnerschaft von Cello und Klavier

Yukino Kaihara und Philipp Schupelius begeistern in der Kaiserpfalz. Das Duo entwirft Hörbilder voller Emotionalität, Verspieltheit, Eleganz und zwischenzeitlich auch avangardistischer Wildheit.

Partnerschaft von Cello und Klavier

Paderborn. Das zweite Konzert der Paderborner Philharmonischen Gesellschaft war ein Fest der Ausnahmetalente Yulcino Kaihara am Klavier und Philipp Schupelius am Violoncello. Gehobene Sinnlichkeit und herausfordernde Virtuosität im Zusammenspiel von Cello und Klavier brachten in der Musikgeschichte diverse Kompositionen hervor, drei charakteristische standen am Sonntgabend in der Kaiserpfalz auf dem Programm.

Um 1820 bereicherte die spezielle Konstruktion einer „Bogengitarre“, Arpeggione genannt, das Sortiment der Streichinstrumente, sechs Saiten auf gewölbtem Steg erlaubten den Bogenstrich mit erweitertem Tonumfang. Dazu komponierte Franz Schubert 1824 ein dreisätziges 20-Minuten-Stück, die einzige Arpeggionen-Sonate in der Literatur. In größerem Umfang durchsetzen konnte sich das neuartige Instrument allerdings nicht, daher wird die „Sonate in a für Arpeggione und Klavier“, D 821, heute auf dem Cello gespielt.

Philipp Schupelius, zurzeit in Residence in der Musikakademie Kronenberg, steht mit Anfang Zwanzig auf der Liste der meistgefragten Nachwuchscellisten. Preise und Auszeichnungen häufen sich, ein Lob dem Management der Philharmonischen Gesellschaft, ihn erfolgreich nach Paderborn einzuladen. Ähnliches gilt für Yukino Kaihara, auch ihre Pianistinnen-Karriere ist unaufhaltsam, Chopin-Wettbewerb, Musikakademie Tokyo, Paris, Berlin, ein Meisterkonzert mit jugendlicher Kraft und Frische in altehrwürdigen Gemäuern.

Lieblicher Schubert in a-Moll, eine „unsterbliche Perle der Kammermusik" betört die Zuhörer, die Anfangstakte gehören Kaihara, sie spielt die elegische Leitmelodie, sanft gleitet das Cello hinein und führt die Linie weiter, das Klavier sorgt für reichen harmonischen Unterbau. Aber Schupelius verharrt nicht in Melancholie, das zweite Thema klingt verspielt, sphärenhaft, im Allegro moderato elegant mit der Grundmelodie verwoben. Ein lyrischer zweite Satz in lichter Dur-Tonart von der Pianistin leise eröffnet, das Cello schwärmt aus in Sangesfreude. Tänzerisch und schwungvoll beschließen Cello und Klavier im Rondo-artigen Allegretto die anmutige Sonate.

Stille, in kurzen Gedanken an ein vergessenes Instrument, doch bevor der Applaus beginnen kann, prescht das emsige Duo gut 100 Jahre vorwärts. Ein wilder Start avantgardistischer Klänge schreckt auf, wir sind im Kriegsjahr 1941 bei Bohuslav Martinů. Seine Cellosonate Nr. 2, H286, entstand gleich nach seiner Flucht in die USA, geprägt von Schmerz und Heimweh, die Hektik der Riesenstadt New York befremdet und befruchtet. Elemente des Jazz und heimatliche Melodien aus Böhmen und Mähren erscheinen in einzigartiger Kombination, oftmalige Taktwechsel und rhythmische Verschiebungen kennzeichnen seine eigenwillige Tonsprache.

Mit kraftvollen Akkorden und harschen Dissonanzen untermalt Kaihara die abwechslungsreichen Cellopassagen, Schupelius entwirft einprägsame Hörbilder auch im zweiten Satz, emotionale Fülle erhält und verdüstert das Gemüt. Kongeniales Spiel und ausgeglichene Partnerschaft von Cello und Klavier im dritten Satz leiten Gehör und Blick auf gleißende Tongebilde, in schneller Folge aufstrebenden zum grandiosen Schluss.

Respekt und Applaus begleiteten Pianistin und Cellisten in die verdiente und notwendige Pause, die anschließende Cellosonate g-Moll von Sergej Rachmaninov verlangt ganzen Einsatz. Als Opus 19 in der galanten Zarenzeit 1901 in Moskau vollendet, gehört sie bis heute zum festen Repertoire jedes avancierten Cellisten, von Schupelius als eines der genialsten Werke des Komponisten gewertet. Und entsprechend nobel zur Aufführung gebracht!

Klagende Cellomotive und verhaltene Klavierpassagen stehen am Anfang, im Verlauf des gesetzlichen Werks mit 40 Minuten Spieldauer gestalten Kaihara und Schupelius leidenschaftliche Begegnungen von Cello und Klavier, am freudigen Ende im Allegro Motto vom Publikum bejubelt. Zum Abschied spielt das Duo ein zierliches Kabinettstück, gewidmet einer langjährigen Kollegin, die zurzeit in russischer Gefangenschaft leben muss.

aus: Neue Westfälische, Paderborn, 12. November 2024, Text von Gunther Gensch


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