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Musik „wie aus einer anderen Welt“

Philharmonische Gesellschaft Paderborn bietet atemberaubenden Konzertabend

Musik „wie aus einer anderen Welt“

Paderborn (WV). Die Philharmonische Gesellschaft Paderborn hat mit der Einladung der Solisten Yukino Kaihara (Klavier) und Philipp Schupelius (Violoncello) erneut ein feinsinniges Gespür für einen ungewöhnlichen Kammermusikabend am Sonntag, 10. November, bewiesen. Mit den beiden hatte sie zwei Ausnahmetalente engagiert, deren spieltechnische Sicherheit wie selbstverständlich wirkte, deren außergewöhnliche Musikalität aber jenseits einer rein technischen Virtuosität angesiedelt ist.

Cellist Philipp Schupelius, 2003 in Berlin geboren, wurde im März 2024 vom britischen Sender Classic FM unter die „30 spannendsten Nachwuchsmusiker der Welt“ gewählt. Derzeit studiert er bei Wolfgang Emmanuel Schmidt an der Kronberg Academy im Taunus. Die in Hiroshima geborene Pianistin Yukino Kaihara, ebenfalls vielfältige Preisträgerin, studiert an der Universität der Künste Berlin und ist dort im Fach Korrepetition tätig.

Für ihr Konzert hatten die Musiker drei bedeutende Sonaten für Cello und Klavier ausgesucht, deren Ausführung ein hohes künstlerisches Niveau, vor allem aber höchste musikalische Sensibilität verlangen. Diesen enormen Ansprüchen wurden beide Solisten in bewundernswerter Kongenialität gerecht. Feinste klangliche Abstimmungen, geradezu perfekte Übergänge und der nuanciert feinsinnige Umgang mit der Lautstärkegestaltung (Dynamik) boten eine selten zu hörende bewundernswerte Qualität. Respekt!

Franz Schuberts (1797-1828) dreisätzige „Sonate für Arpeggione und Klavier a-Moll D 821“ von 1824, auch als „Arpeggione-Sonate“ bekannt, eröffnete den Konzertabend. Ein Arpeggione ist ein Instrument, das man auch als „Gitarren-Cello“ bezeichnen könnte und heute kaum noch gespielt wird. Stattdessen ist der Einsatz des Violoncellos heute Standard. Einfach klangschön, wie das Duo diese positiv gestimmte Schubert-Komposition interpretierte. Der 1. Satz weist die damals verbreitete Sonatenform auf, deren Exposition (Themenaufstellung) die Musiker stilgerecht wiederholten.

Im Eifer ihres Musizierens führten die Künstler anschließend ohne Pause die ebenfalls dreisätzige Cellosonate Nr. 2 H 286 (1941) von Bohuslav Martinů (1890-1959) auf. Der Komponist verwendet hier eine Vielfalt neuer spieltechnischer Raffinessen, die den Eindruck des „ernsthaft Übermütigen“ aufkommen lassen. Den beiden Interpreten war die entsprechende Spielfreude anzumerken.

Nach der Pause stand die 2. Cello-Sonate in g-Moll (1901) von Sergej Rachmaninow (1873-1943) auf dem Programm, ein komplexes viersätziges Werk, das Rachmaninow nach einer langen Zeit der Depression seinem Arzt Nicolai Dahl widmete und den neu gewonnen Schaffensmut mit einem immensen Emotionen-Kosmos erklingen lässt. Philipp Schupelius wies danach zu Recht auf die enorme pianistische Leistung von Yukino Kaihara hin.

Während des gesamten Konzertes war beim Publikum in der Kaiserpfalz eine gespannte Faszination anzumerken, die sich am Ende in einem vehementen Applaus äußerte.

Ihre Zugabe: „Sicilienne“ von Maria Thereesia von Paradis, einer früh erblindeten und erfolgreichen Komponistin der Wiener Klassik, widmeten die Solisten der Querflötistin Maryja Kalesnikawa, die seit 2020 als Bürgerrechtlerin in Belarus inhaftiert ist. Gemeinsam mit Swjatlana Zichanouskaja und Weranika Zepkala bildete sie vor der Präsidentschaftswahl 2020 jenes mutige und bekannt gewordene Trio von Frauen gegen den regierenden belarussischen Machthaber Aljaksandr Lukaschenka.

Dank den jungen Musikern, die sich mit ihrer großartigen Musik für eine bessere Welt einsetzen!

aus: Westfälisches Volksblatt, Paderborn, 12. November 2024, Text von Hermann Knaup


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