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Kraftakte am Flügel

Pianist Alfredo Perl verzaubert beim Festkonzert gemeinsam mit dem Orchester der Philharmonischen Gesellschaft, Mitgliedern der Domkantorei und Gesangssolistinnen.

Kraftakte am Flügel

Paderborn. Festlich gewandet strömten die Besucher in die Paderhalle, der strömende Regen war vorbei, feierlich erhoben sie sich von den Plätzen und stimmten in die friedvolle Haydn-Melodie ein, man sang gemeinsam die hehren Worte von Einigkeit und Recht und Freiheit. Zum Tag der Deutschen Einheit hatte in vornehmer Tradition die Philharmonische Gesellschaft Paderborn eingeladen, dazu die Damen und Herren der Domkantorei unter der Gesamtleitung von Domkapellmeister Thomas Berning.

Nach den hymnischen Klängen zu Beginn wird der gefeierte Pianist Alfredo Perl freudig begrüßt, er stimmt den Flügel gewissenhaft mit den Instrumenten ab und spielt alsdann mit Magie und Präzision das Klavierkonzert Nr. l op.15 in C-Dur von Ludwig van Beethoven. Der junge Komponist stellte es seit 1795 mehrfach öffentlich vor, mehr oder weniger improvisierend.

Auf vielen weißen Tasten zaubert Perl ein „Allegro con brio“, Thomas Berning verdeutlicht in gelungenem Zusammenspiel die Entwicklung von Kompositionsstil und Satzbau. Vom „noch Mozart“ am Anfang zum „Largo“, ,,wenig Mozart“ bis zum „jetzt Beethoven“ im „Rondo: Allegro“, musikalisch in feiner Unterscheidung hörbar gemacht und kraftvoll am Flügel zu Ende geführt.

Ausgiebig würdigen die Zuhörer Alfredo Perls hervorragende künstlerischen Leistungen, ein weiterer pianistischer Kraftakt steht noch bevor. Auch der zweite Teil des frühen Abends ist der Wiener Klassik gewidmet, 1816 vollendet der 19-jährige Franz Schubert seine 4. Sinfonie in c-Moll, D 417, die er als „Tragische“ bezeichnet.

Mit einer langen gefühlvollen Einleitung beginnt Thomas Berning im ,,Adagio molto“, gewichtet mit Sorgfalt zwei ähnlich gebaute Themen in Rhythmik und Dynamik, führt aus dunklem Pathos in leuchtende Dur-Tonart. Eine zarte lyrische Melodie im zweiten Satz erzeugt weniger tragische Gefühle, die Wendung zu Versöhnung und Optimismus geschieht im „Menuett“, Dreivierteltakt und tänzerisches Trio lassen keine schicksalhaften Konflikte mehr erkennen. Das Orchester der Philharmonischen Gesellschaft bewegt sich mit Freude von c-Moll nach C-Dur, vermittelt im feurigen ,,Allegro“ noch einmal Schuberts tonsetzerische Größe und leitet schließlich zu wuchtigen Schlussakkorden, vom Publikum mit viel Applaus bedacht.

Nach angemessener Erholungspause nehmen die Mitglieder der Domkantorei Aufstellung, drei Gesangssolistinnen, Sopran, Alt und drei Solisten, Tenor und Bass gehören zur „Chorfantasie" von Ludwig van Beethoven. Die selten gespielte Fantasie für Klavier, Chor und Orchester in c-Moll op.80 aus dem Jahr 1808 verbindet ein Klavierkonzert mit finalem Gesangsteil, das knapp halbstündige Werk wird oft als Vorläufer der „Ode an die Freude" gesehen. und als ,,kleine Neunte“ bezeichnet.

Mit Alfredo Perl entsteht ein Klangkörper vollendeter Mächtigkeit, nach seiner temperamentvollen Einleitung entspinnt sich ein ausgreifender Dialog zwischen Orchester und Soloinstrument, ein marschartiges Thema wandert in Variationen durch die Instrumente. Dazu kommt ein bekanntes Liedmotiv, Dirigent und Solist entwickeln mit Hingabe ein motivisches Gespinst unterschiedlicher Klangfarben, das muntere Wechselspiel mündet nach kurzer Überleitung ins Finale. Die Sängerinnen beginnen mit ,,Schmeichelnd hold und lieblich klingen unseres Lebens Harmonien“ in strahlendem Sopran, von den Herrenstimmen weitergeführt und im Chorgesang mit Klavier- und. Orchesterbegleitung zum grandiosen Schluss gebracht.

Ein wahrhaft festliches Programm endet mit ausgiebigem Beifall, die Ausführenden werden mit Jubel und Blumen belohnt.

aus: Neue Westfälische, Paderborn, 5. Oktober 2023, Text und Foto von Gunther Gensch


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