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Jubel über Spielfreude und Spielwitz
Das Monet-Quintett lässt das Paderborner Publikum beim Konzert auf der Theaterbühne frohlocken.
Paderborn. Gehen wir mal ins Theater und hören ein Konzert - in größeren Städten mit einem Mehrsparten-Theater völlig normal, ist dies in Paderborn mit seiner Theaterausrichtung auf (nur) Schauspiel eher eine Ausnahme. Für das Stamm- und Abo-Publikum der Philharmonischen Gesellschaft sowieso, hat man doch seinen gewohnten Platz in der Kaiserpfalz - nun eben nicht. Diese ist wegen Umbaus geschlossen, da heißt es Ausweichen. Das Theater Paderborn bietet ein mehr als ausreichendes Asyl.
Junge Gäste platzierten sich auf der Vorbühne vor dem „Eisernen“: das Monet-Quintett, ein Holzbläser-Ensemble mit Seltenheitswert in Zusammenstellung, Spielfreude und Zusammenspiel.
Daniela Koch - Flöte, Marc Gruber - Horn, Nemorino Scheliga - Klarinette, Johanna Stier - Oboe und Theo Plath - Fagott, der auch locker flockig durch das Programm führt. Diese fünf sind allesamt hervorragende Musiker, die ihr Instrument perfekt beherrschen und sich schon seit längerem, noch aus gemeinsamen Tagen im Bundesjugendorchester, kennen.
Und genau das zahlt sich in der Arbeit des Ensembles aus. Man muss wohl von Paderborn aus weit laufen, um noch so eine Formation mit grandios präzisem Zusammenspiel selbst bei rhythmisch hoch komplizierten Passagen zu finden. Und kompliziert sind die gebotenen Werke allemal.
Der Programmteil vor der Pause steht unter der großen Überschrift „Folklore" - allerdings nicht zu verwechseln mit dem volkstümlichen Kehricht, der uns in den Medien gemeinhin als Folklore angeboten wird. Hier haben gestandene und bedeutende Komponisten aus der gewachsenen Essenz ihrer Nationalmusik geschöpft und diese hoch künstlerisch verarbeitet und veredelt.
Gleich zu Beginn der ungarisch-rumänische Komponist György Ligeti (1923-2006) mit seinen „Sechs Bagatellen für Bläserquintett“ aus dem Jahr 1953, also noch aus der Frühzeit seines musikrevolutionären Schaffens. Hier orientiert Ligeti sich dem Höreindruck nach offensichtlich am Kollegen Prokofjew mit seinem überbordenden Spiel- und Klangwitz - keine schlechte geistige Kooperation. Die Musiker haben ganz offensichtlich ihren Spaß und das überträgt sich auch auf die Zuhörer.
Gleiches gilt dann auch für die „Sonatina für Trio d'anches (1957)“ des gleichfalls ungarisch-rumänischen Komponisten Sandor Veress (1907- 1992) in der sehr selten zu hörenden Besetzung Oboe, Klarinette und Fagott. In dieser Kombination finden sich akustische Tücken durch die Eigenspektren der Klangfarben - Veress kann damit gekonnt umgehen und tut das auch.
Blitzschnell eingeworfene Zitate - Hoppla, war das eben nicht gerade Klezmer-Style - machen das Zuhören anspruchsvoll und spaßhaft. Und wenn Klarinettist Nemorino Scheliga mal gerade so eben einfach israelische Folklore hineinimprovisiert - weil eine Kadenz Raum dafür bietet - so schmunzelt das halbe Publikum vergnügt, während die andere Hälfte noch verblüfft die Augenbrauen hebt.
Valerie Coleman (*1970) improvisiert nicht in dieser Weise, sie komponiert so, indem sie Ideen und Einflüsse fremder Kulturen in ihr Werk „Tzigane“ (2011) einbaut. Damit hat sie sich besonders in der Bläser-Welt einen Namen gemacht. Ihre Musik ist originell und hinreißend. Genau richtig für das Monet-Quintett.
Nach der Pause dann zwei Altmeister der Tonsetzung. Zuerst „Le Tombeau de Couperin" von Maurice Ravel (1875 -1937) in einem Arrangement von Mason Jones. Ein Stück mit wechselhafter Geschichte - ursprünglich ein Klavierstück, dann berühmt geworden durch Ravels Umarbeitung zum Orchesterwerk und nun in dieser Quintettbesetzung.
Was sollen die armen Töne da anders machen, als zu trauern? Aber Halt, die Trauer gilt natürlich dem Tod des genialen Barockmeisters Couperin. Aber der ist schon lange tot, und so wird die Musik denn mit Fortschreitung auch immer zuversichtlicher und lebensbejahender.
Last but not least - wie hieß es so schön: „Der, mit dem alles begann... „, Paul Taffanel (1844-1908). Er, ein bedeutender französischer Flötist und wohl auch Komponist, litt unter dem Mangel an Literatur für Holzbläser-Quintett, krempelte die Ärmel hoch, spitzte den Bleistift und schuf das erste Originalwerk für diese Besetzung überhaupt. Sein Bläserquintett g-Moll entstand 1878 und huldigt allen, die damals bedeutend waren, allen voran Giacomo Meyerbeer, Charles Gounod und Richard Wagner. Nun ja.
Ein i-Tüpfelchen dann die fällige, heftig eingeforderte Zugabe. Klarinettist Scheliga tanzt Klezmer spielend ins Publikum hinein und sinkt nach hochwirksamer Virtuosentat dekorativ auf die Knie - großer Jubel in Paderborn.
Ja, liebe Philharmonische Gesellschaft, so kann es weitergehen. Genau so.
aus: Neue Westfälische, Paderborn, 15. April 2025, Text von Rainer Abraham