Kontakt - Philharmonische Gesellschaft Paderborn e.V.

Exzellente Kammermusik in der Kaiserpfalz

Klavierquartett Notos reißt Publikum zu Bravo-Rufen hin

Exzellente Kammermusik in der Kaiserpfalz

PADERBORN (WV). Für ihren Konzertabend konnte die Philharmonische Gesellschaft Paderborn das viel beachtete Klavierquartett Notos gewinnen. „Notos“ galt in der griechischen Mythologie als die Personifikation des Südwinds, und das 2007 gegründete Berliner Quartett bringt in der Tat manch erfreulich frischen Wind auf die Konzertpodien.

Die Fachzeitschrift „Fono Forum“(09/2017) bezeichnete sie als „eine der herausragenden Kammermusikformationen der Gegenwart“. Die vier Instrumentalisten Sindri Lederer (Violine), Andrea Burger (Viola), Philip Graham (Violoncello) und Antonia Köster (Klavier) spüren gern verschollene und vergessene Werke der Gattung Klavierquartett auf und präsentieren diese brillant, stilgerecht und mit überzeugendem Können einem breiten Publikum.

Dafür sind sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. Erst im September 2022 wurde ihnen der mit 25.000 Euro dotierte Würth-Preis der „Jeunesses Musicales Deutschland (JMD)“ verliehen. Bereits 2017 erhielten sie den bedeutenden deutschen Musikpreis „ECHO Klassik als Nachwuchskünstler des Jahres“, den sie aber 2018 aus Protest auf die „ECHO Pop“-Verleihung für das Album „Jung, brutal, gutaussehend 3“ der „Gangsta-Rapper“ Farid Bang und Kollegah zurückgaben, da deren vulgäre Texte eklatant menschenverachtendes und rassistisches Gedankengut enthalten.

Das Paderborner Programm des Notos-Ensembles bot am Sonntag drei beachtliche Werke der Kammermusik aus den Musikepochen Klassik, Romantik, Moderne: das Klavierquartett Nr. 1 g-Moll, KV 478 (1785) von W.A. Mozart (1756 –1791), das Divertissement für Klavierquartett (1933) von Jean Françaix (1921-1997), geboren in Paderborns Partnerstadt Le Mans, ferner das Klavierquartett Nr.1 g-Moll, op. 25 (1861) von Johannes Brahms (1833-1897).

Mit Mozarts bemerkenswertem Klavierquartett eröffneten die Musiker den Konzertabend in der Kaiserpfalz. Den Zeitgenossen Mozarts war die damals neue Gattung des „Klavierquartetts“ noch fremd, ganz abgesehen von der höchst anspruchsvollen Musik. Das hat sich längst gewandelt. Im energischen und dramatischen 1. Satz in g-Moll modifiziert Mozart die zu seiner Zeit verbreitete Sonatenform in erheblichem Maße. Im 3. Satz aber, einem Rondo in Sonatenform, kehrt er zu der für Mozart typischen Spielfreudigkeit und heiteren Leichtigkeit der Dur-Tonalität zurück. Diese innere, musikalische Spannweite wurde vom Notos Quartett mit dem notwendigen Esprit empathisch nachvollzogen.

Das folgende viersätzige Divertissement für Klavierquartett von Jean Françaix ist ein Werk der Neoklassik mit gekonnter Klangschärfe, Humor, Ironie und Esprit. Das Notos-Quartett bot eine fulminante Interpretation, der es wahrlich nicht an Virtuosität, musikalischem Fingerspitzengefühl und geistreichem Charme fehlte. Das war durchaus im Sinne des Komponisten Françaix: „Musique pour faire plaisir“(Musik, um zu gefallen).

Nach der Pause spielte das Ensemble das ebenfalls viersätzige Klavierquartett Nr. 1 von Brahms, ein ideenreiches und vielfältiges Werk, das an die Ausführenden höchste Ansprüche stellt. Auch hier musizierten die Instrumentalisten mit minutiös einstudierter Präzision, perfekter Balance und angenehm selbstverständlicher Virtuosität. Der Schlusssatz „Rondo alla zingarese“ bot eine grandiose Farbigkeit, die unnachahmlich wirkte. Von diesem zündenden Kammermusikabend war das Publikum spürbar hingerissen. Für die Bravo-Rufe und den kräftigen Applaus dankte Notos mit einer Bearbeitung der wienerisch charmanten Tanzweise „Liebesleid“ von Fritz Kreisler.

aus: Westfälisches Volksblatt, 29. November 2022, Text und Bild von Hermann Knaup


Zurück zur Übersicht