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Ein Orchester mit hohem Niveau
Die Junge Sinfoniker OWL glänzen durch das Zusammenwirken mit ihrem Dirigenten. Der führt seine Musiker durch ein schweres Programm bis zur Zugabe.

Paderborn. Das war schon sehr beeindruckend, was die Zuhörer in der gut besetzten Paderhalle erleben durften: ein Orchester mit hohem Niveau und dabei noch nicht einmal ein Profi-Ensemble. Kein Zufall bei näherem Hinsehen, und das ist wörtlich zu nehmen. Doch von Anfang an.
Begabte, hochbegabte Jugendliche und junge Erwachsene von 14 bis 22 Jahren ha ben die Chance, nach erfolgreichem Probespiel an den Probenphasen des Orchesters teilzunehmen und somit Teil des Ensembles zu werden. Es darf vermutet werden, dass sich hier insbesondere Preisträger des Landes- und Bundeswettbewerbs Jugend musiziert tummeln, es handelt sich also tatsächlich um die kommende Elite zukünftiger Musiker und Musikerinnen. So weit so gut, aber die Summe von Einzelbegabungen macht noch lange kein Orchester aus, da bedarf es noch der fachkundigen Anleitung durch einen Dirigenten und dieser muss bei einem solchen Klangkörper noch zusätzlich über besondere Fähigkeiten verfügen - Fähigkeiten pädagogischer Art und Fantasiekräfte, um sich als Erwachsener in die Welt der Jugendlichen hin einzufühlen.
Und so stand er nun vor dem Orchester, der besondere Glücksfall in Gestalt von György Mészáros, Dirigent und Orchestererzieher allererster Güte. Es war schon sehr beeindruckend zu erleben, wie er mit Ganzkörpereinsatz seine jungen Musiker anspornte, sie führte, forderte und gleichzeitig durchaus auch zurückhielt, da wo es nötig war.
Und nötig war es allemal, bei dem großen und schweren Programm, das er dem Orchester verordnet hatte. Zu Beginn eine Ouvertüre von Anton Bruckner (1824-1896), die sog. ,,Große Ouvertüre" in gMoll WAB 98. Hier zeigen sich erste Ansätze der später, etwa ab 4. Sinfonie, typischen Bruckner-Schreibweise, nämlich blockweise Präsenz der Instrumentengruppen und zunächst noch vorsichtige Anwendung des sog. BrucknerRhythmus: Vierteltriolen gegen halbe Noten über lange Strecken. Kein Jahrhundertwerk, aber gut anzuhören, und mit Vergnügen konnte man auf den erst 14-jährigen Paukisten achten, der sehr präzise seinen nicht immer einfachen Part bewältigte.
Ein erster Höhepunkt war dann das folgende Konzert für Viola (Bratsche) und Orchester in a-Moll des englischen Komponisten William Walton (1902-1993), hierzulande nicht so sehr bekannt, in seinem Heimatland aber eine der Komponistenikonen. Kein geringerer als der deutsche Komponist Paul Hindemith, selbst auch ein international erfolgreicher Bratscher, war Solist bei der Uraufführung. Ihm war die Schreibweise Waltons grade recht, seiner eigenen durchaus ähnelnd, wenngleich Hindemith vielleicht noch konsequenter und gradliniger war - was ihn ja gerade bei den Nazis so verdächtig machte.
Eine würdige Nachfolge des Solisten zeigte sich in der Verpflichtung der noch recht jungen Filipa Isabel Correia Rodrigues, aus Portugal stammend, schon jetzt international in wichtigen Festivals und bedeutenden Konzertsälen tätig. Ihr Spiel war - gemessen an den technischen Schwierigkeiten ihrer Stimme - makellos, sie ist natürlich hochmusikalisch und verlieh dem Walton-Konzert eine Wärme und Atmosphäre der Innigkeit, die doch überraschte. Auch die Zugabe - der erste Satz einer Solosuite für Viola von Max Reger (mit leichten Reminiszenzen an Joh. Seb. Bach) gab Zeugnis von einer möglichen großen Karriere.
Nach der Pause dann die Sinfonie Nr. 7 in d-Moll, Op. 70, von Antonin Dvořák (1841- 1904) entstanden 1884. Die Sinfonie ist ohne Zweifel eines der bedeutenden Werke des Komponisten, dem ja oft - und zu Unrecht - eine allzu große Nähe zur Schreibweise von Johannes Brahms nachgesagt wird. Das ist - mit Verlaub - Unsinn, diesesWerk hat so viel eigene Substanz, da muss man nicht aus der Freundschaft der beiden Komponisten falsche Schlüsse ziehen. Das junge Orchester meisterte diese Sinfonie mit Bravour und Anstand, wertende Vergleiche mit Profi-Orchestern verbieten sich hier von selbst.
Interessant
war
auch
die
gewählte Besetzung in den Bläserstimmen. Fünf Hörner, alle anderen Bläsergruppen (Ausnahme:
Klarinetten)
dreifach
besetzt.
Das
ist
mutig
und gibt Zeugnis von dem Vertrauen, dass der Dirigent in seine jungen Musiker legt.
Auch hier wieder Motor und Seele des
Ganzen:
der
Dirigent.
Großer
Beifall,
eine
Orchester-Zugabe wurde
nötig
-
ein
Scherzo aus den „Sinfonische Minuten" von Daniel Matthewes. Kennen sie
nicht?
Der
Rezensent
auch
nicht
-
eine
klassische Bildungslücke, denn dieses Minuten-Filet rumpelt ganz beeindruckend über die Bühne.
aus: Neue Westfälische, Paderborn, 28. Januar 2025, Text und Foto von Rainer Abraham