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Der Nachwuchs brilliert in Paderborn
Die „Jungen Sinfoniker" starten mit einem großartigen Konzert ins Jubiläumsjahr
PADERBORN (WV). Im September werden die „Jungen Sinfoniker", die „JuSis", das regionale „Auswahl-Jugendsinfonieorchester" Ostwestfalens mit Sitz in Bielefeld ihr 50-jähriges Bestehen feiern können. Eine Kostprobe ihres enormen Könnens gaben sie am Sonntag in der Paderhalle.
1973 entstand dieses einzigartige Orchester (seit 2011 obendrein das Patenorchester der Bielefelder Sinfoniker) aus der Idee, Preisträger des Wettbewerbs „Jugend musiziert" in einem Orchester mit etwa 90 talentierten jungen Musikern zu formieren. Unter professioneller Leitung und Betreuung erarbeiten die JuSis jährlich zwei Konzertveranstaltungen mit sinfonischen Programmen. Seit 2008 bietet auch die Philharmonische Gesellschaft Paderborn als Veranstalter diesem Jugendorchester die gute Möglichkeit, sein alljährliches Winterprogramm in der Paderhalle aufzuführen. Es wird durch die Volksbank Paderborn gefördert.
Zu Beginn des Paderhallenkonzertes am Sonntag bedankte sich Dr. Christel Bresser, Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Junge Sinfoniker; für die engagierte Initiative der Philharmonischen Gesellschaft, teilte aber auch mit, dass für die angekündigte Solistin Sarah Romberger kurzfristig die Mezzosopranistin Sophia Maeno eingesprungen war. Die sympathisch agierende Dirigentin Anne Hinrichsen, seit 2020 Kapellmeisterin am Theater Bielefeld, hatte mit den jungen Musikern ein äußerst anspruchsvolles Programm einstudiert: Giuseppe Verdi, Sinfonia zu „La forza del destino" ( 1862 ), die „Sea Pictures" op. 37 ( 1899) von Edward Elgar und Sergej Prokofjew, Auszüge aus dem Ballett „Romeo und Julia" (1938).
Die literarischen Vorlagen aller drei Werke weisen dramatische Züge auf, die im Spannungsfeld von Liebe, Sehnsucht, Leiden und Tod zutiefst die psychologischen Dimensionen menschlicher Existenz berühren. In der Verdi-Oper „Die Macht des Schicksals" liebt Donna Leonora, Tochter aus gutem Hause, Don Alvaro, den Leonoras Familie aufgrund seiner Herkunft jedoch als unwürdigen Bewerber ablehnt. Das am Ende tödliche Drama der Liebenden ist schicksalhaft vorgezeichnet.
Ähnlich gelagert ist die ebenfalls schicksalhafte Konstellation in Sheakespears Tragödie „Romeo und Julia", des vielleicht berühmtesten Liebespaares der Weltliteratur. Romeo Montague und Julia Capulet sind verliebt, ihre Familien hingegen verfeindet. Durch fatale Umstände bedingt, begehen beide Selbstmord. In seinem Musical „West Side Story" ( 1957) projizierte Leonard Bernstein diese Thematik in die Szenerie der New Yorker Bronx.
Sergej Prokofjew schrieb zu ,,Romeo und Julia" eine bedeutende Ballettmusik, die jedoch von Stalins Kulturkontrolle diskreditiert wurde. Somit verfasste Prokofjew, 1938 beginnend, drei „Romeo und Julia" - Suiten für den Konzertbetrieb. Am 5. März 1953, vor 70 Jahren also, starben Prokofjew wie auch sein erbitterter Widersacher Stalin. ,,Macht des Schicksals"?
Zwischen beiden Orchesterwerken hatte Dirigentin Anna Hinrichsen Edward Elgars „Sea Pictures", einen fünfteiligen Liederzyklus·mit englischsprachigen Texten für eine Singstimme (Mezzosopran) und Orchester positioniert. Das in den lautmalerisch vertonten Liedern besungene Meer wird hier zur Metapher des Unbewussten.
Die Solistin Sophia Maeno vermochte es, die Lieder hoch sensibel und mit warmer Klangschönheit zu gestalten. Der Dirigentin Anne Hinrichsen gelang es, die extrem empfindliche Balance zwischen Sologesang und Orchesterklang feinfühlig abzustimmen, was ihr mit nuancierter Dirigiergestik überzeugend gelang.
Beim Publikum kam dieses außergewöhnliche und klug bedachte Programm bestens an. Mit dem langanhaltenden Beifall waren auch Dank und Freude über das engagierte Musizieren der leistungsstarken, jungen Musiker verbunden, die sich mit der Wiederholung des Stückes „Montagues and Capulets" aus der Prokofjew-Suite als Zugabe bedankten.
aus: Westfälisches Volksblatt, Donnerstag, 2. Februar 2023; Text und Foto Hermann Knaup